2025-05-21
Der Morgen naht, langsam werden alle Lebewesen wach. Der Geist dämmert, will sich noch nicht im neuen Tag einfinden. Zu schön waren die verworrenen Träume, zu sanft der Schlaf. Schritt für Schritt hält der kühle Ablauf der Dinge Einzug. Es ist ein ewiger Kampf gegen den Verlust des Eingebettetseins in das große Ganze. Was wird wohl heute auf mich zukommen? Die Sicherheit des mir anvertrauten Platzes scheint zu wanken. Andere werden kommen, und meine Aufgaben übernehmen. Aber warum soll gerade mir mein Glück streitig gemacht werden? Wenn die Welt aus den Fugen gerät, dann bleibt keine Hoffnung mehr auf Erlösung im Diesseits. Man darf das nicht falsch verstehen: Alles ist ein Auf und Ab, alles ist im Werden und Vergehen. Nur wir Menschen haben es uns – warum auch immer – zur Aufgabe gemacht, den Kreislauf, der sich schon so lange Zeit etabliert hat, zu stören. Wir geben uns nicht mit dem Mittelmaß zufrieden, wollen uns stetig verbessern. Dieses Streben nach Verbesserung nimmt solche Auswüchse an, dass wir uns sogar im Ideal der makellosen Technik auflösen wollen. Zu schwer wiegt die Vorstellung von Unzulänglichkeit und Imperfektion.
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2024-12-25
Müde ist er geworden, aber noch immer unerbittlich. Viel hat er schon gesehen, gegen vieles sich gewehrt, und seine Kräfte scheinen zu schwinden. Schon liegt er darnieder, und muss sich heftigst gegen die Umstände wehren, doch er gibt nicht auf – noch nicht. Seine Hände und Knie drohen unter der Last einzuknicken, der Schweiß steht ihm auf der Stirn. Da entsinnt er sich der alten Weisheit, sein Gegenüber mit dessen eigenen Waffen zu schlagen. Schon ist er wieder Willens, die Asymmetrie in Harmonie zu verkehren. Ein letzter tiefer Atemzug noch, dann lässt er sich nach hinten fallen, und drückt den Angreifer über sich hinweg. Mit einem Schrei, der einer Mischung aus Verachtung und Verzweiflung gleicht, stürzt das Monster in die grundlose Tiefe. Er muss sich nicht umdrehen, um sein Werk zu überprüfen, er hat bereits zuvor seinen Frieden wiedererlangt.
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2024-09-17
Mit dem Nachhall von Musik in meinen Gedanken, versuche ich mich zu konzentrieren. Die Welt liegt im Argen – nicht hier, aber anderswo. Täglich neue Meldungen von Tod, Zerstörung und sinnlosem Tratsch. Wir wollen nicht wirklich alles sehen. Oder besser: Ich will nicht wirklich alles sehen. Bilder und Texte beschränken die Wirklichkeit, geben ihr eine Form, die sie nicht allumfassend repräsentieren kann. Ich blicke auf ein Modell von allem, und verwechsle es augenblicklich mit dem, was ist. Meine Wahrnehmung weise ich in die Schranken, und hoffe, dass mir der Himmel nie auf den Kopf fallen wird. Das Ausblenden von Umständen bringt Ruhe und Ordnung. Krieg und Katastrophe gibt es nur bei den anderen. Ich will auf meiner Insel alleine und glücklich bleiben.
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