Partikularität

Mit dem Nachhall von Musik in meinen Gedanken, versuche ich mich zu konzentrieren. Die Welt liegt im Argen – nicht hier, aber anderswo. Täglich neue Meldungen von Tod, Zerstörung und sinnlosem Tratsch. Wir wollen nicht wirklich alles sehen. Oder besser: Ich will nicht wirklich alles sehen. Bilder und Texte beschränken die Wirklichkeit, geben ihr eine Form, die sie nicht allumfassend repräsentieren kann. Ich blicke auf ein Modell von allem, und verwechsle es augenblicklich mit dem, was ist. Meine Wahrnehmung weise ich in die Schranken, und hoffe, dass mir der Himmel nie auf den Kopf fallen wird. Das Ausblenden von Umständen bringt Ruhe und Ordnung. Krieg und Katastrophe gibt es nur bei den anderen. Ich will auf meiner Insel alleine und glücklich bleiben.

Wenn wir als Menschen eines geschafft haben, dann, dass wir so individuell geworden sind, dass uns das Leiden anderer Mitmenschen und Lebewesen egal geworden ist. Hauptsache wir bleiben in unserer Einzigartigkeit unangetastet. Täglich bestätigen wir uns selbst, laufen mit Spiegeln in der Hand durchs Leben. Uns scheint es nicht zu kümmern, wenn wir wie Narcissus neben unseren Abbildern voll Schmach wegen der Unerreichbarkeit unserer selbst verwelken. Unser Leben hat Inhalt, hat Struktur, das ist das Wichtigste. Auch wenn dieser Zustand nur eine Illusion, eine Scheingestalt darstellt so wollen wir uns ihr doch eifrigst ergeben.

Aber was, wenn wir schauen müssten? Was, wenn wir nicht anders könnten, als unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Was, wenn wir erkennten, dass das Zurückgeworfene nicht der Wahrheit entspricht, sondern nur der letzte Teil einer langen Kette von Ereignissen ist? Auch wenn wir uns dann eingestehen müssten, uns nie wirklich gekannt zu haben, hätten wir doch eines geschaffen: Eine Möglichkeit, Dinge bewusst zu verändern. Dann könnten wir Entscheidungen auf Grundlagen treffen, die sich mit unseren innersten Vorstellungen deckten, und andere Werte zum Ausdruck brächten als negativen Egoismus. Dann wäre das Tor zur Gemeinschaft und zur Zusammenarbeit, zu Respekt und zu Nachsicht wieder weit geöffnet. Dann könnten wir dem Universum froh verkünden, dass wir wieder zu einem Teil von ihm geworden sind.

Grüße!