Das Verstehen fällt mir schwer: Die Welt will Frieden, und will diesen durch Krieg gewinnen. Der logische Fehler in dieser Forderung scheint nur wenigen aufzufallen. Wie soll etwas Sanftes durch Gewalt gewonnen werden? Bleiben wir kurz bei der Ontologie der Welt: Sanfte Dinge leiten sich von der Sanftheit ab, brutale Dinge vom Brutalen. Eine Querverbindung beider Kategorien zu erzwingen, ist brutal — daher auch der Hinweis auf den logischen Fehler. Aber gut, sei’s drum, die Welt will Fortschritt und Reichtum für alle… privilegierten Menschen. Arme gehören da nicht dazu. Auf ihnen trampelt die sogenannte Welt herum. Sie werden missbraucht, ausgenutzt und als Humankapital leblos auf den Müll geworfen. Niemand fragt sich, ob das gerecht ist. Gerechtigkeit wird in Gerichten erzeugt, und lässt sich — mit einem Preisschild versehen — von Eliten erkaufen. Eine Verschwörungstheorie, möchte man dazu sagen, aber doch ein Kind der Möglichkeit.
Werden Menschen zum Töten gezwungen, muss das von den Zuschauern ferngehalten werden. Niemand darf erahnen, wie grausam wir Menschen werden können. Wir verstecken uns dann hinter Begriffshülsen, sprechen von „Opfern“, „Helden“ und „Solidarität“. Wir diskutieren das gegenseitige Ermorden aus der Perspektive der Taktik, ganz wie die Feldherren der Vergangenheit. Wenn Knochen brechen, Fleisch zerfetzt wird, und Tränen des Wahnsinns die Front-Erde tränken, dann hocken wir in unseren Bedeutungsblasen, können uns nicht entscheiden, welchem sozialen Medium wir uns ergeben, und bringen unsere Vernunft ins Pfandleihhaus. Wer soll sich schon in solch‘ aufbrausenden Zeiten schlecht fühlen, die Hölle sind doch immer die anderen.
Ich hätte da einen Vorschlag: Geben wir uns doch einer kleinen Gedankenübung hin. Stellen wir uns vor, wir wären Soldaten. Hinter uns liegt die so vertraute Heimat, vor uns das immer lauter werdende Gebrüll des Krieges. Genährt von Propagande ziehen wir in den Kampf, fühlen uns mit unseren Gewehren so sicher, wie nie zuvor. Schritt für Gleichschritt ziehen wir in den uns versprochenen Sieg. Wir sehen uns als die Verfechter der gerechten Sache. Je schneller wir laufen, desto lauter werden die Explosionen. Die Schlachtrufe machen uns stark, geben uns Zuversicht und die Illusion, wir werden unbeschadet und ausgezeichnet nach Hause zurückkehren, leitet uns an. Plötzlich bricht die Krankheit aus, Kugeln zischen über unseren Köpfen hinfort, wollen uns zerlöchern und vernichten. Unsere Herzen schlagen unendlich schnell, wir scheißen uns in die Hosen, und sehen in den vor unsere Bajonette laufenden, leblos werdenden Augen den fahlen Abglanz unserer Seele. Waren wir als Kinder unschuldig geboren, so gehen wir durch die Hölle wieder zurück zu unserem Ursprung. Nein wirklich! Ein Nestbeschmutzer, wer dies menschliche Geschäft nur schlechtheißen kann!
Grüße.