Erst rasseln die Säbel, dann fliegen die Kugeln und dann fließt das Blut. Der Stolz des Menschen war schon immer größer, als seine Einsicht, entgegen einem Gefühl von Versagen vor der Vernunft zu kapitulieren. Niemand wird später wohl Gefallen daran gefunden haben, in dreckigem Morast und Gestank neben seinem Leidgenossen elendig zu krepieren. Wie naiv der Mensch doch sind, wenn er einer Utopie verfallen ist, die ihm nach seinem Leben als höchsten Einsatz Glück und Seligkeit verspricht! Es wird keine Helden geben, keine Siegreichen oder Opfer, es wird nur unnötiges Leid und sinnlosen Tod geben. Im geschichtlichen Zusammenhang mögen dann in der Zukunft Wissende ihre Schlüsse aus dem Ungemach der Vergangenheit ziehen. Die Gefallenen werden in den Annalen nirgends erwähnt werden. Sie werden verstummte Zeugen einer Zeit sein, in der große Persönlichkeiten zur Aktion aufgerufen haben, um dann die Beschworenen sogleich im Feuer des Wahnsinns verheizt zu haben.
Wenn die Welt des Menschen eines retten wird können, dann sein Versuch, nicht vom Mangel sondern vom Überfluss auszugehen. Nicht das, was er nicht besitzt, soll sein Ziel sein, sondern das ihm unmittelbar Gegebene. Braucht er denn die Materie, um sich über die restliche Welt behaupten zu können? Das kommt auf die Sichtweise an: Sieht er sich bereits im gelobten Land angekommen, seine Interessen nur mehr auf die Größe und Schönheit des Universums und dessen stille Zusammenhänge gerichtet, oder sieht er sich in der Hölle der Bedürftigkeit, der Zerbrechlichkeit und des Verfalls darbend. Ist die zweite Sichtweise zentrales Motiv seines menschlichen Seins, dann muss sein Fortschritt solange wüten, bis nichts mehr da ist, was nur den Hauch der Erinnerung an alles Menschenwerk beinhält – dann hat der Mensch seinen Nullpunkt der Moral erreicht, dann hat er sich aus der großen Gleichung unendlicher Ordnung für immer herausgestrichen.
Aber der Mensch ist in der Lage, zu wählen. Er ist dazu gewachsen, Verzicht zu üben und anderem den Vortritt zu lassen. Er täte gut daran, sich auf diese seine Eigenschaft zu besinnen. Wer würde schon einen mystischen Sonnenaufgang nach einer langen, kalten und einsamen Nacht gegen Geld und Ruhm eintauschen, wenn ihm stattdessen die lebensfremde Kälte bliebe? Warum nicht einfach die Hast und den Trieb gehen lassen, sich an eine vom Tage gewärmte Felswand anlehnen, und den Geruch von Erde und Wald einsaugen, um wieder die Dinge in der Ferne ausmachen zu können? An Weitsicht hat es dem Menschen schon immer gefehlt, wenn er jede neue Errungenschaft für das für den Forbestand seiner Art wichtigste Instrument ausgerufen hat. Wie ein Bumerang ist ihm sein Voranschnellen zurück auf den Kopf gefallen. Und er will es nicht wahrhaben, will nicht lernen, sich seine verbrannten Finger nicht noch einmal an derselben Tat zu verbrennen – Friede seiner Asche!
Grüße.