Unschuld

Einer nach dem anderen fallen sie, wie reife Früchte, die schon ein wenig faul geworden sind. Sie winden sich aus der Vergangenheit, wie ein Hund, der ein nicht ganz so eng angelegtes Halsband vehement versucht, abzustreifen – alles nur, um nicht als Toren dazustehen. Keiner von ihnen hätte auch den Anstand, sich aufrichtig bei den von ihnen Verunglimpften zu entschuldigen. Vielmehr werden die bisher Gescholtenen auch noch mit Füßen getreten, weil sie ja zu wenig für alle anderen eingestanden wären, weil sie zu wenig Widerstand gegen die Repression geleistet hätten. Erst jagen die Häscher, dann werden sie plötzlich gejagt, stehen im Rampenlicht unter genauer Beobachtung. Mit diesem Umstand konfrontiert versuchen sie sich auf die Seite der für Freiheit kämpfenden Menschen zu schlagen, versuchen sich bei ihnen mit leidvollen Sympathiegesten zu rehabilitieren. Die Fingerzeiger sagen, sie hätten doch damals nicht ahnen können, was für sie heute mehr und mehr zur Wahrheit wird.

Als ob es nie eine edle Seele gegeben hätte, die sich durch innbrünstiges Warnen vor großem Unheil gesellschaftlichen Zorn aufgehalst hätte. Als ob nie jemand aufgestanden wäre, und trotz der feindlich gesinnten Allgemeinheit zu Vernunft und zur Prüfung von als Wissenschaft verbrämten Meinungen aufgerufen hätte. Ja, diese aufrichtigen Menschen haben sogar das Galiläische Fernglas bereitgestellt, durch das die Absolutisten nur einen Blick auf die Wirklichkeit hätten werfen müssen – doch wurden sie nur mit Verachtung bestraft. Nein, es ehrt mich gerade nicht, mich als Mitbürger zu bezeichnen, und anderen alles Gute zu wünschen, weil ich auch noch im gleichen Stockwerk, doch in einem anderen Turm gefangen bin. Pro superi, quantum mortalia pectora caecae noctis habent! Und erst wenn ich meine Strafe werde abgesessen haben, dann werde ich ein aufrichtiges Friedensangebot stellen und das meines Gegenübers akzeptieren können!

Grüße.