Endlich alleine! Nur ich und meine Angst… also doch nicht ganz so einsam. Gemeinsam gehen wir schon so lange des Weges, dass sie mir irgendwie lieb geworden ist. Sie ist doch so zierlich und schüchtern, versteckt sich immer bei der kleinsten Ungereimtheit hinter meinem Rücken. Ihre Zerbrechlichkeit macht sie so beschützenswert, gibt mir ein väterliches Gefühl der Fürsorge. Ihr kann ich doch nichts übelnehmen, wo sie es doch nicht besser weiß. Würde sie doch nur einmal loslassen und entspannen, dann machte ihr so schnell nichts mehr zu schaffen. Ich spiele es irgendwie gerne, dieses Spiel des Lebens. Aufstehen, frühstücken, die Gedanken langsam in Schwung bringen, sich die Zehe am Tischbein stoßen, und dann ganz unflätig schimpfen – all das ist doch so menschlich!
Wenn dann die Stille der Nacht einkehrt, schläft sie langsam ein. So ruhig und friedlich liegt sie dann da, träumt zufrieden von großen Taten. Dann ist sie der Löwe unter den Tieren und brüllt sich den Weg zu ihrer wohlverdienten Freiheit. Groß ist sie und unbesiegbar, nur um letztlich nach und nach immer kleiner werdend am Morgen zu erwachen. Dann geht der Zirkus von vorne los, alles wird wieder unüberschaubar und bedrohlich. Das Tor will doppelt verschlossen werden, und der Schnürsenkel dreimal gebunden – nur ja keinen Fehltritt riskieren! Was würden denn dann die anderen von ihr denken?
Zugegeben, es ist doch etwas mühsam, immer den Beschützer mimen zu müssen. Irgendwann soll doch einmal Zuversicht einkehren, und die Kinder sollen alleine ihren Weg finden. Ein wenig ist es aber doch mein Versäumnis, diesen Zustand nicht zu bewerkstelligen, weil ich mir doch auch Sorgen um sie mache. Wer wird sich um sie kümmern, wenn ich es denn nicht tue? Aber doch ist es ratsam, der Lösung nicht im Wege zu stehen, und sie walten zu lassen. Alles läuft, und das wird es auch in Zukunft tun. Mein Beitrag ist ohnehin einzigartig genug, ich muss doch nicht noch mehr beitragen als nötig. Zufrieden kann ich mich zurücklehnen, und sie einfach ziehen lassen.
Grüße.