Mit unendlicher Güte schaut mich das Auge an. Es ergreift mich, und dringt tief in meine Seele. Will ich mich auch vor ihm verstecken, so kann doch keine Wand dick genug sein, um mich seiner Gegenwärtigkeit zu entziehen. Es ruft mich zu sich, gebietet mir, seine Schau zu ertragen. Nein, es will mich nicht verletzen, mir keinen Schaden zufügen. Ganz im Gegenteil, es will mich in seiner gnadenvollen Welt begrüßen, mich hinter die Kulissen der mehr und mehr schwindenen Welt schauen lassen. Diese mir so vertraut gewordene Mutter Erde, die so groß und gewaltig im Licht des Alls erstrahlt, bietet doch nur einen begrenzten, sicheren Raum für ihre Schöpfungen. Fällt auch nur der kleinste Stein in das Wasser des Lebens, so rasen die Wellen in alle Richtungen, um das schöne Antlitz des staunenden Narziss zu verzerren.
Was meine Augen sehen müssen, ist so begrenzt, so eingeengt, so unspektakulär. Nicht viel ereignet sich am Horizont der Existenz. Doch wird dieser fast einem Mühsal gleichende Trott auch noch so unerträglich, im Augenblick des nahenden Rufs nach der Rückgabe dieses Prekariums wird selbst die grauenhafteste Form des Seins zu einem unersetzlichen Kleinod. Zugegeben, ich habe es noch nicht gelernt, mich von meiner vergänglichen Form schon zeit meines Lebens zu verabschieden. Im Glauben um dem vermeintlichen Besitz meines Körpers dränge ich mich vom reinen Sein zum gierigen Haben wollen. Es genügt mir nicht mehr, nur eine kurze Zeit sein zu dürfen, ich will es für immer!
Verletzt und verängstigt sitze ich nun in der Ecke, und versuche mich vor dem Licht des Allgegenwärtigen zu verstecken. Doch bin ich so müde geworden, kann mich kaum noch wehren. Das Auge wird durchdringender, aber auch tröstender. Ich wage noch einen letzten Versuch, es mit einer unglaubwürdigen, wegwischenden Geste meiner Hand zu vertreiben, doch kann ich damit nur kläglich scheitern. Wie soll ich mich auch vor etwas schützen, dessen Schutz es ist, den jeder Teil meines Selbst für das Leben benötigt? Mir fallen die Augen zu, und meine kauernde Stellung besiegelt meine Ruheposition. Meine verschreckten und verstreuten Gedanken bündeln sich unter der Aufsicht des Ewigen zu einer letzen, beruhigenden Erkenntnis: Was bin ich nur naiv gewesen, im Grunde kann ich ja nichts verlieren, was ich nie besessen habe…
Grüße.