Kassiopeia

Der eigenen Schönheit zu verfallen, ist ein Leichtes, wenn die Außenwelt einem das gleiche Urteil inbrünstig bekundet. Für sich genommen ist jeder schön, perfekt und so vollendet, wie einen die Natur nur hat hervorbringen können. Die Hinterhältigkeit entsteht aber dort, wo sich mehrere zum gemeinsamen Beschluss treffen. Hier wird konspiriert, asoziiert und kritisiert, was um des Himmels Willen sein muss, und was der Verachtung anheim fallen kann. In diesem vitiösen Umfeld, das die Grundlage der Unbarmherzigkeit darstellt, kann nur derjenige bestehen bleiben, der es versteht, sich über die Maße zu profilieren. Seine Wünsche über die der anderen zu stellen, ist an sich nichts Verwerfliches. Erst wenn daraus ein Nachteil für die Umwelt erwächst, kann moralisiert werden. Und nicht einmal die Antwort auf die vermeintlich egoistische Missetat scheint gerechtfertig. Sind doch diese kleinen Imperfektionen die Ursache für die Gesellschaft, so wie sie heute besteht.

Der Teufel scheint sich aber im Detail zu verbergen: Wer die selbstsüchtige Handlung verdammt, zieht den Zorn der Komplexität auf sich. Wie ein Damokles-Schwert hängt der Lapsus in der Luft, der droht, den Gutmenschen genau dann zu erwischen, wenn es ihm am unangenehmsten ist. Genau dann, wenn dieser Mensch seine selbstgerechte Schelte schon vergessen hat, wird ihm ein Spiegel vorgehalten. Sind seine idealistischen Ansichten auch noch so benevolent, irgendwann wird er – wenn auch ungewollt und völlig arbiträr – eine Handlung setzen, deren Wirkung als strenge Zeugin wider seine Lauterkeit auftritt. Dann wird ein Raunen durch die Mengen gehen, und wird der Richter über die ausbleibende Unfehlbarkeit des nunmehr potentiellen Delinquenten sein.

Doch was wäre die Menschheit ohne ihre Fehlbarkeit? Sind es nicht Eitelkeit und Übermut, die sie in ihrer Entwicklung vorangetrieben haben? Kann denn nicht ein Heros heranschreiten, der dem durch Abenteuersinn heraufbeschworenen Ungetüm die Stirn bietet? Ob der zweifelhaften Gewissheit, dass alles Walten im menschlichen Sinne erlaubt sein sollte, scheint es doch – zumindest in einem gewissen Grade – angebracht, durch Irrtum lernen zu dürfen. Denn die Sichtweise, dass alles Irdische einen Sündenpfuhl darstellt, dem nur durch divine Leitung zu entkommen ist, birgt die Gefahr in sich, alles der Zensur zu unterwerfen. Die Folge wären unumstößliche Gesetze, deren tieferer Sinn im Bestreben, sich diesen Normen zu unterwerfen, ein für alle mal verschwinden würde.

Grüße.