Die Explosion war heftig und unerwartet gewesen. Gerade wollte ich noch die letzten Schritte des Experiments ausführen, schon flog ich rücklings durch den Raum. Irgendwo habe ich mir dann den Kopf angeschlagen, und für kurze Zeit das Bewusstsein verloren. Als ich wieder zu mir gekommen bin, war der Raum mit Rauch gefüllt, und es roch schrecklich. Langsam richtete ich mich auf, schob vorsichtig einen Fuß vor den anderen in Richtung der Fenster. Nachdem ich sie geöffnet hatte, waren die unmittelbaren Auswirkungen meines Vorhabens zumindest fürs Erste gemildert. Wie hatte das nur schiefgehen können? Die Gedanken, die erst noch mit Lichtgeschwindigkeit in meinem Geist umhergeirrt waren, fingen wieder an, sich zu einer rationalen Einheit zusammenzufassen. Als sich die Schwaden gänzlich verzogen hatten, wurde mir auch das Ausmaß der Zerstörung klar. Nichts im Zimmer war heil geblieben, alles zu einem Potpourri aus einmal nützlichen gewesenen Dingen geworden, die aber alles andere als wohlduftend verblieben sind.
Beinahe wurde mir wieder schwarz vor Augen, und ich wollte mich an einem Tisch abstützen. Jedoch riss ich instinktiv die Hand wieder empor, um mich nicht an scharfen Gefäßteilen zu verletzen. Wo war nur meine Assistentin, wenn ich sie einmal benötigte? Ihretwegen war meine Unternehmung schließlich gescheitert! Sie war doch immer diejenige, die mich zur Vorsicht gemahnt hatte, und mich stets davon abhielt, allzu vorschnell, kühn und unüberlegt wissenschaftliche Abenteuer anzugehen. Hielten sich meine Blessuren in Zaum, war ich innerlich doch von ihrer Rücksichtslosigkeit verletzt. War ich so hart mit meinem Haupt am Schrank angestoßen, dass ich vergessen habe, dass sie nicht mehr für mich arbeitete? Sie war wohl mit meiner schroffen und egoistischen Art überfordert – erging es mir ja selbst oft gleich. Gedankenverloren ging ich daran, die größten Trümmer in einem unbedeutenden Teil des Raumes zu stapeln. Ob andere mein Unglück wahrgenommen hatten, und mir nun zu Hilfe eilten?
Letztens bin ich ihr wieder begegnet, sie wahr nun anderweitig beschäftigt. Ich konnte nicht umhin, sie für ihre Entscheidung zu schmähen – wenn auch nur durch zynisch gemeinte Kommentare darüber, dass ja jetzt sowieso alles besser sei. Ich könnte mich nun vorzüglicher auf den Kern meiner Arbeit konzentrieren, habe ich noch angemerkt. Hatte ich mir das einst immerzu eingeredet, stellte es sich im Lauf der Zeit glatt als eine Lüge heraus. Wie kann man sich nur von einer vertrauten und begehrten Hälfte trennen, ohne darunter zu leiden? Wer Schweres tragen will, muss stark genug dafür sein. Ich war schwach und uneinsichtig, hätte nie gedacht, dass ich meine Entscheidungen so arg bereuen würde. Der Strom ging wieder an, und ich konnte nun besser die feinen Scherben zusammenkehren. Jetzt erst bemerkte ich, dass mein Laborkittel an vielen Stellen ziemlich verkohlt war. Es war Glück im Unglück, dass ich mich noch dazu entschieden hatte, ihn anzulegen. Sonst hätten wohl Verbrennungen meine Unterarme unschön verziert. Ich musste unbedingt meinen Kollegen von den Gründen für dieses Chaos erzählen, damit sie mich in Zukunft vor mir selbst bewahren könnten. Doch das erschien mir sinnlos, denn auch ihnen war ich mittlerweile nur mehr zur Last geworden.
Grüße.