Gedankenströme

Eigentlich ist es gar nicht so einfach, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren. Wenn ich es genau nehme, dringen mir mindestens drei konstante Eindruckströme in mein Bewusstsein, während ich diese Zeilen verfasse. Nicht, dass ich jedesmal so zerstreut werde, dass ich keinen klaren Satz verfassen kann, sobald mein Bewusstsein anderer Einflüsse gewahr wird: Das hier Geschriebene zeugt vom Gegenteil. Die Ablenkung passiert viel perfider, schleicht sich in größerem Umfang in meine Absichten ein, als ich es für möglich halten würde. Die Zerstreuung betrifft das Gesamtvorhaben, jene Konzeption, deren roter Faden immer präsent bleiben sollte, um ein angefangenes Werk auch vollenden zu können. Je mehr dieses fragile Gedankengebäude unter fremden Einflüssen ins Wanken gerät, desto sinnloser werden die Absichten, die Teile des Ganzen zu vereinen.

Man darf mich nicht falsch verstehen, das ganze Leben besteht aus so vielen Eindrücken und Ablenkungen, dass es doch ein Weilchen dauert, um mit solch einem Überfluss an Information fertig zu werden. Ich beneide jeden Menschen, der es fertig bringt, all die Forderungen der Außenwelt auf dessen Sinne ökonomisch abarbeiten zu können, und seine Gedankenwelten in atemberaubender Perfektion zu stabilisieren. Was mir anfangs immer als klar und deutlich erscheint, wird nach längerer Bearbeitung zu einem Nebel der Indifferenz. Ich will mich nicht beklagen, kein Meister ist vom Himmel gefallen. Und doch wünschte ich mir, einem Scharfschützen gleich, das Ziel mit den Augen anzuvisieren, und es nicht eher loszulassen, als es meiner Absicht, meinem Zweck gemäß notwendig ist, um mein erdachtes Werk zu vollenden.

Vielleicht ist es gar nicht so essentiell, sich zur äußersten Konzentration zu zwingen, um etwas in die Tat umzusetzen. Vielleicht liegt die Kunst der Vollendung darin, gerade vom Zwang der Umsetzung loszulösen, gedanklich einen Schritt zurückzutreten, und die Wünsche ganz verstummen zu lassen. Mein Versuch, dies zu tun, lässt mich entspannt in meinen Sessel sinken, lässt mich die Wahrnehmung auf nichts mehr zu richten, was ich für wichtig halte. Die Gedannken ziehen vorbei, die Sinneseidrücke spielen keine beachtliche Rolle mehr. Ich sinke rücklinks in eine sanfte Wolke der Zerstreuung. Wie eine Welle, die alles Wasser vom Strand ins offene Meer hinauszieht, bevor sie sich mit imposantem Getöse auf selbigen zurückwirft, kehre ich aus meiner Kontemplation zurück. Auch wenn diese Taktitk fruchtlos bleibt, so fühle ich mich wieder Herr über meine Absichten.

Grüße.