Die süße Frucht

Die Kluft wähnt sich wie eine Verhöhnung aller Freiheit: Ich sehe sie dort drüben, die Hand hoch haltend und mich grüßend. Keine Brücke ist zu finden, kein Weg dorthin auszumachen, wohin mein Herz mich zieht. Fest hält mich auf meiner Seite nur der Verstand. Sich über den gähnenden Schlund zu wagen, wäre leichter als man denkt. Doch sind die Konsequenzen nicht abzuwägen, die ein solches Hinüberschreiten mit sich ziehen würde. Ich sehe sie, sie sieht mich. Ihre Rufe, die durch ein Echo verzerrt werden, klingen noch immer wie die schönste Melodie des Universums, auch wenn ich ihrer nicht habhaft werden kann.

Es dämmert, und die Sonne wirft ihre letzten Strahlen auf diese Entzweiung in der Geselligkeit. Wo sie nicht ist, fühle ich ihre Anwesenheit, wo sie ist, springt der Funke des Lebens auf mein Gemüt über. Wie ein Kind, dass sich der Gefahren des Abgrundes nicht bewusst ist, spiele ich mit dieser ungeheuren Tiefe, versuche Steinchen auf die andere Seite zu werfen, um zumindest irgend einer Zärtlichkeit Ausdruck verleihen zu können. Hier ist es schön, auch wenn ich mir im Klaren sein muss, dass sich diese Idylle in absehbarer Zeit wie der Schleier des Schlafes von mir lüften wird, und mich hoffentlich mit einem bestärkten Gewahrsein von einer Erhabenheit und Gelassenheit aus diesem wunderschönen Traum erwachen lässt: Ist es nicht dieses Gefühl der Unbeschwertheit und Zärtlichkeit, das wir uns so sehr ersehnen, und das uns wenigstens für einen kurzen Moment all unsere Sorgen vergessen lässt? Ach, könnte ich es nur mit ihr teilen…

Grüße!