Ego Individuus

Nicht der Schein der Flamme ist es, der den Schatten wirft, sondern der Körper selbst ist es, der sich abzeichnet. Dies mag paradox klingen, ist es doch, wie es scheint, das Licht, das die Schatten verursacht. Wo ist nun die Wahrheit, in dieser Erkenntnis? Ist sie da, wo wir sie vermuten, oder dort, wo es sie nicht kümmert, zu sein? Wir erhaschen manchmal einen kleinen Einblick in die Mechanismen der Welt, suchen dann unsere Lebensbestimmung zu finden - was mitunter nicht unproblematisch sein kann. Wer wir sind, hängt von vielen Faktoren ab. Diese erschöpfend zu benennen, soll nicht Gegenstand dieses Werkes sein, sondern bestenfalls einen kleinen Anstoß provozieren, der unseren Seelen Bewegung einhauchen kann.

Wenn wir es angehen, unser Selbst zu ergründen, dann mögen wir sehr bald auf Widerstand stoßen. Es will nicht so recht entdeckt werden, was sich im Nachhinein als unangenehm und vielleicht auch grausam herausstellen könnte. Uns schmerzen die Umstände, dass wir nicht von Anfang an ein Selbstbildnis sind, welches voll und ganz der unsrigen Entität zuzuschreiben ist. Wir wüschen sie uns von der innersten Quelle aus so schöpferisch, dass sie sich fast einbremsen muss, um nicht ins Verrückte abzuheben. Und so wandeln wir auf Erden, und suchen das, was uns als Antwort auf alle Fragen und Ungereimtheiten gelten muss.

Was, wenn nicht Sehnsucht, sollte denn unser Leitgefühl bei dieser schwierigen Unternehmung sein? Manchmal kommt uns jener Umstand natürlicher vor, wenn wir uns so schnell im Kreise drehen, bis uns schwindlig wird, als die Realität selbst, die mit nichts anderem als weiteren Fragezeichen und Missverständnissen wartet? Eines vorweg: So viel wir auch an Wissen sammeln, um es hortend im Gedächtnis abzulagern, wir können aus diesen Informationen keinen Wegweiser für unser Leben basteln, der unserem Sein genüge tragen könnte. Er wäre immer nur eine Illusion, eine Rationalisierung, die uns nur das geben könnte, was wir von ihm verlangen. Es ist dies nämlich der scheinbare Weg zu einem Heil, welches wir so perfekt für uns zurecht zimmern, dass es Gefahr läuft, in die Welt des Mythos abzudriften. Seien wir auf der Hut, dass unser wahres Ich uns den Weg zeigen möge, und nicht die Versuchung!

Grüße!