Krümel auf der Tischdecke

Klein sind sie, die Krümel. So klein und unorganisiert, ja zwecklos eigentlich. Sie liegen nur da, sind der Inbegriff des Chaos. Aber sie sind da, fügen sich ein in das Los der Welt. Sie existieren, dies kann man ihnen nicht absprechen. Wenn ich nun nach dem Sinn der Krümel frage, stehe ich vor einigen Schwierigkeiten, die aufzulösen ich nicht so einfach, wenn überhaupt, vermag.

Durch mich sind sie eigentlich erst entstanden. Durch mein Tun haben sie den Weg auf die Tischdecke gefunden. Ich habe sie da verstreut, bewusst oder auch nicht. Als Urheber müsste ich eigentlich stolz auf mein Werk sein, aber dies will mir nicht so ganz gelingen. Muss ich den jetzt Verantwortung für dieses Konstrukt übernehmen, mich um sein Existieren kümmern? Bin ich dieser Verantwortung denn überhaupt gewachsen? So viele Fragen… so wenige Antworten.

Einer Sache kann ich mir jedoch gewiss sein: Nicht ich habe die Krümel erfunden. Gäbe es kein Wort für die Krümel auf der Tischdecke, keinen passenden Begriff der sie beschriebe, ich könnte mir keine Gedanken über sie machen. Das wäre irgendwie praktisch, mich meiner Schöpferrolle entreißend.

Wieder einem anderen Gedanken folgend wische ich die Brösel einfach vom Tisch. Sie verschwinden im Schatten des Seins, nehmen andere Formen an, und entziehen sich meiner Erkenntnis. Ich kehre wieder zurück zum Leben. Bin wieder abgetrennt von den Krümeln, und lebe mein eigenes Konstrukt von Existenz. Aber trotzdem … was wenn ich wieder irgendwelche Krümel auf dem Tisch verstreue? Dann würde das Spiel doch von Neuem beginnen…

Grüße!