Physis Kryptesthai Philei

“physis kryptesthai philei” - “Die Natur liebt es sich zu verstecken”

Dieses von Heraklit überlieferte Textfragment scheint in unserer heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung zu gewinnen. Die Natur des Menschen lässt ihn lieben, sich zu verstecken. Die Aktualität liegt offensichtlich im Konsumverhalten des Internets. Wir frönen der weltoffenen, scheinbar unbegrenzten Kommunikation, und dem Zugriff auf schier unerschöpfliches Wissen.

Zensur scheint kein Thema mehr zu sein, und man wiegt sich im entpersonalisierten Schrift-/Bild-/Video-/Gedankenaustausch mit einer körperlich abgehobenem Habitus in Sicherheit. Doch diese Freiheit bedeutet das Untergraben von vorherrschenden Machtstrukturen, die einerseits auf ihren Selbsterhalt als regulierende Instanz und andererseits zur Wahrung auf “soziale Sicherheit und Ordnung” bedacht sind. Um weiterhin existieren zu können, müssen diese Machtstrukturen die Ordnung mit allen Mitteln aufrecht erhalten. Überwachung ist eines davon, das in Zeiten der Informationsflut bzw. Weitergabe eingesetzt wird (schon immer eingesetzt wurde).

Jetzt werden wir in unserem Verhalten also bedroht, weil unsere Anonymität eigentlich nie gegeben war. Wenn wir anonyme Postings und Sonstiges im Netz veröffentlichen, hinterlassen wir dennoch Spuren, die sich nicht verwischen lassen (oder zumindest schwer). Aber eigentlich müssten wir doch Stolz auf unsere Identität sein, und uns nicht verstecken, wenn wir unsere Ansichten präsentieren, oder?

Warum dann dieses ganze Ich-kürze-meinen-Nachnamen-ab-damit-mich-niemand-erkennen-kann?

Und dennoch verstecke ich mich hinter einem Akronym, und wiege mich in der scheinbaren Sicherheit der Anonymität! Wohlan.

Grüße.