2020-09-16
Erst sind wir dicht gedrängt, halten uns fest und schenken uns Wärme. Innige Umarmungen geben uns das Gefühl des Ganz-Seins. Entbunden schweben wir durch den Raum, lassen uns auf den Wellen der Welt treiben. An nichts mangelt es uns. Das Wenige, das wir zum Leben brauchen, ist immer in greifbarer Nähe. Wer verlangt schon nach Milch und Honig, wenn er Liebe und Freude besitzt? Mit der Zeit dann beginnt sich die Bande zu lösen, von schwerer Kraft gezogen werden wir uns gegenseitig entrissen. Erst ist es nur ein fühlbar leichter Ruck, später dann ein gewaltiges Momentum, das nun zu unserem Gebieter wird. Wie sehr wir auch zurück zueinander wollen, es wird uns wohl nie wieder gelingen.
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2020-07-18
Endlich alleine! Nur ich und meine Angst… also doch nicht ganz so einsam. Gemeinsam gehen wir schon so lange des Weges, dass sie mir irgendwie lieb geworden ist. Sie ist doch so zierlich und schüchtern, versteckt sich immer bei der kleinsten Ungereimtheit hinter meinem Rücken. Ihre Zerbrechlichkeit macht sie so beschützenswert, gibt mir ein väterliches Gefühl der Fürsorge. Ihr kann ich doch nichts übelnehmen, wo sie es doch nicht besser weiß. Würde sie doch nur einmal loslassen und entspannen, dann machte ihr so schnell nichts mehr zu schaffen. Ich spiele es irgendwie gerne, dieses Spiel des Lebens. Aufstehen, frühstücken, die Gedanken langsam in Schwung bringen, sich die Zehe am Tischbein stoßen, und dann ganz unflätig schimpfen – all das ist doch so menschlich!
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2020-07-03
Manchmal geht es hoch her, dann ist der letzte Ausweg einfach nur das Schreiben. Erwartungen dringen von allen Seiten an mich heran, fordern meine Hingabe und Entschlossenheit. Dann stehe ich da, angekettet an vier Pferde, die mir die Glieder langziehen wollen. Eigentlich ist es nicht ihre Absicht, mich zu zerreißen – ganz im Gegenteil, jedes für sich will mich als Ganzes. Ich ächze unter dem Gezerre, möchte schreien, aber die Luft dazu fehlt mir. Keine verbale Anweisung will sich formen, es ist wie verhext. Wieso kann sich mir die Antwort auf all die Fragen nicht einfach höflich zuvorkommend ergeben? Warum muss es immer dieser Kampf um eine Seite sein? Warum kann einfach nicht auch die Unvernunft siegen, und mich das Irrationale wählen lassen? Wieso immer diese fromme Frotzelei der vermessenen Verantwortungssucht? So oft habe ich doch schon versucht, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, nur um mich dann ängstlich leidend unter dem Bett zu verstecken, um mich nur ja nicht in die Nähe von Risiko und Gefahr zu begeben? Doch welches gebrannte Kind scheut denn nicht das Feuer? Ist es denn nicht so gewesen, dass wenn ich mich auf jemanden eingelassen habe, nur allzu oft ich der dumme Tropf gewesen bin, dem zerstörerisches, egoistisches und eitles Verhalten vorgeworfen worden ist?
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