2021-11-10
Die Menschen sind wild geworden, haben ihre Furcht in Misstrauen umgewandelt. Bald wird es wohl soweit sein, und sie werden sich wie eine hungrige Meute von Wölfen auf mich stürzen. Sie werden mich umzingeln, ihre Zähne fletschen und die scharfen Krallen ausfahren. Ihre Leiber werden sich vor Wollust und Gier aufbäumen, und ihre Augen werden mich – das von ihnen auserkorene Opfer – nicht mehr loslassen. Dann wird es einen Moment geben, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Die wahnsinnigen Rufe und Schreie, das entmenschlichte Gejaule wird in die Ferne rücken. Leise und sanft werden die Häscher verschwinden. Die Bewegungen werden langsamer, die Welt wird wie eingefroren sein. Dann werde ich im Zentrum meiner Seele stehen, und einen Augenblick der Vollendung und Gelassenheit erfahren. Dann werde ich meine Augen schließen, und ich werde den Zwängen – wenn auch nur kurz – entschwinden. Mehr...
2021-10-19
Er hat nicht lange gehalten, der Zustand der Eintracht. Wohl früh in meiner Geschichte hat es sich angedeutet, dass die Umstände ein Dezenium nicht überdauern können. Welchen Zeitraum bedarf es denn, um zu erkennen, dass ich schon längst woanders sein sollte? Schön war es gewesen und beeindruckend. Angekommen war ich im Hause der Geborgenheit. Allzeit zärtlich lachte mir das wärmende Licht in der Finsternis, wenn ich spät abends heimgekommen bin. Es war alles nicht perfekt, aber gut genug, um den fletschenden Zähnen der Menschheit für ein Weilchen den Rang abzulaufen. Die Zeit verging, und der Kompass schien mehr und mehr in andere Richtungen zu zeigen. Die Ziele klafften auseinander, das Verständnis für Individualität ging zunehmends verloren. Geblieben sind nur der Wunsch nach körperlicher Nähe, nach einer tröstenden Umarmung. Mehr...
2021-08-30
Durch wunderbar duftende Wälder, hinauf zu den mit saftigem Gras bewachsenen Wiesen, zu den Höhen der Erkenntnis wandere ich mit stetigem Schritt. Die sehnsüchtigen Blicke ins Tal wechseln sich mit dem frohmütigen Suchen nach einer perfekten Aussichtsstelle. Es wird zwar steiniger, die Wege unbequem und schwer zu finden, doch bin ich in Gedanken voller Zuversicht und Freude. Hoch ist der Berg und schön. Am Übergang vom Grat zum Himmel sehe ich eine mir vertraute Person. Sie winkt mir zu, und ich winke ihr zurück. Sie scheint von meiner Warte aus doch recht winzig und fern, aber ich fühle mich ihr in jedem Moment verbunden. Gerne denke ich an die gemeinsamen Zeiten, an die guten Ratschläge und das stets offene Ohr für meinen Wehmut. Als wäre es erst gestern gewesen, fühle ich ihre warme Hand auf meiner Wange, mich tröstend ob der Schwierigkeiten, die ein jedes Leben so mit sich bringt. Gerne kehrte ich ein, wurde mit Güte versorgt, und konnte mich – am freundschaftlichen Gespräch gelabt – wieder frohen Mutes in die Wirbel der Welt werfen. Mehr...