Muse
2019-11-13
Die Stille ist eine wahre Freundin. Sie zeigt mir stets den besten Weg. Bin ich denn in einem Käfig aus Stimmen, Gewirr und Trubel gefangen, so brauche ich nur ihrem Ruf zu folgen. Einen roten Teppich legt sie für mich aus, den es zu beschreiten gilt. Meist ist es erst schwer, sich loszulösen, um dem Narrenhaus zu entfliehen. Aber je mehr ich meine Sinne auf den Pfad der Erleichterung konzentriere, um so klarer liegt mir das ersehnte Ziel vor Augen. Dann winde ich mich zwischen den Menschen hindurch, scheue deren Kontakt nicht mehr, weil ich weiß, dass es bald vorüber sein wird. Erst sind die Schritte hastig, ja nahezu unüberlegt, aber wenn sich dann die Massen lichten, wird mein Schreiten gemächlicher. Dann zieht mich die Ruhe in ihren Bann. Zärtlich reiche ich ihr meine Hand, und gemeinsam reisen wir zu den Sternen.
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2019-10-21
Die Explosion war heftig und unerwartet gewesen. Gerade wollte ich noch die letzten Schritte des Experiments ausführen, schon flog ich rücklings durch den Raum. Irgendwo habe ich mir dann den Kopf angeschlagen, und für kurze Zeit das Bewusstsein verloren. Als ich wieder zu mir gekommen bin, war der Raum mit Rauch gefüllt, und es roch schrecklich. Langsam richtete ich mich auf, schob vorsichtig einen Fuß vor den anderen in Richtung der Fenster. Nachdem ich sie geöffnet hatte, waren die unmittelbaren Auswirkungen meines Vorhabens zumindest fürs Erste gemildert. Wie hatte das nur schiefgehen können? Die Gedanken, die erst noch mit Lichtgeschwindigkeit in meinem Geist umhergeirrt waren, fingen wieder an, sich zu einer rationalen Einheit zusammenzufassen. Als sich die Schwaden gänzlich verzogen hatten, wurde mir auch das Ausmaß der Zerstörung klar. Nichts im Zimmer war heil geblieben, alles zu einem Potpourri aus einmal nützlichen gewesenen Dingen geworden, die aber alles andere als wohlduftend verblieben sind.
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2019-07-29
Wie haben wir doch unseren Mut verkauft: Die, die wir lieben, lassen wir unseren Hass spüren. Denen, die wir verabscheuen bereiten wir einen mit Rosenblättern geschmückten Weg. Wir hofieren sie, und säuseln ihnen die süßesten Worte ins Ohr, nur um in ihrer materialistischen Gunst stehen zu können. Blass, einsam und verlassen liegen die Seelenverwandten zum Sterben verurteilt in der Ecke, sehen uns mit ihren flehenden Augen an, sie doch nicht einfach so zurückzulassen. Ich weiß nicht, was mehr schmerzt, ihr Anblick oder ihr Vermögen, uns trotz unserer Verfehlungen aus tiefstem Herzen zu lieben und uns zu verzeihen.
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