Analyse
2022-02-22
Erst rasseln die Säbel, dann fliegen die Kugeln und dann fließt das Blut. Der Stolz des Menschen war schon immer größer, als seine Einsicht, entgegen einem Gefühl von Versagen vor der Vernunft zu kapitulieren. Niemand wird später wohl Gefallen daran gefunden haben, in dreckigem Morast und Gestank neben seinem Leidgenossen elendig zu krepieren. Wie naiv der Mensch doch sind, wenn er einer Utopie verfallen ist, die ihm nach seinem Leben als höchsten Einsatz Glück und Seligkeit verspricht! Es wird keine Helden geben, keine Siegreichen oder Opfer, es wird nur unnötiges Leid und sinnlosen Tod geben. Im geschichtlichen Zusammenhang mögen dann in der Zukunft Wissende ihre Schlüsse aus dem Ungemach der Vergangenheit ziehen. Die Gefallenen werden in den Annalen nirgends erwähnt werden. Sie werden verstummte Zeugen einer Zeit sein, in der große Persönlichkeiten zur Aktion aufgerufen haben, um dann die Beschworenen sogleich im Feuer des Wahnsinns verheizt zu haben. Mehr...
2022-02-07
Einer nach dem anderen fallen sie, wie reife Früchte, die schon ein wenig faul geworden sind. Sie winden sich aus der Vergangenheit, wie ein Hund, der ein nicht ganz so eng angelegtes Halsband vehement versucht, abzustreifen – alles nur, um nicht als Toren dazustehen. Keiner von ihnen hätte auch den Anstand, sich aufrichtig bei den von ihnen Verunglimpften zu entschuldigen. Vielmehr werden die bisher Gescholtenen auch noch mit Füßen getreten, weil sie ja zu wenig für alle anderen eingestanden wären, weil sie zu wenig Widerstand gegen die Repression geleistet hätten. Erst jagen die Häscher, dann werden sie plötzlich gejagt, stehen im Rampenlicht unter genauer Beobachtung. Mit diesem Umstand konfrontiert versuchen sie sich auf die Seite der für Freiheit kämpfenden Menschen zu schlagen, versuchen sich bei ihnen mit leidvollen Sympathiegesten zu rehabilitieren. Die Fingerzeiger sagen, sie hätten doch damals nicht ahnen können, was für sie heute mehr und mehr zur Wahrheit wird. Mehr...
2022-01-20
Dunkel ist es geworden, öd und kalt. Einst war Grün die Farbe der Hoffnung, nun ist sie zur Dienerin von Macht und Gier geworden. Eine einzige Stimme wird verlangt, viele folgen dieser Forderung. In der Ferne glüht noch ein wenig von der Sonne. Doch sie verschwindet langsam, und mit ihr alle Ehre und Zuverlässigkeit. Wenn der Mensch nicht mehr so sein darf, wie er geworden ist, was bleibt ihm dann anderes, als sich von Norm und Vorschrift abzuwenden? Wie kann er sich dann noch geborgen fühlen in einer Welt aus Missgunst und Verleumdung? Die Sinne werden fad, es will nichts mehr so richtig schmecken. Einst war das Leben bunt und spannend, und ein gewaltiger Eindruck folgte dem anderen. Der Flug der Vögel war so aufregend, dass sich die Blicke nicht mehr von ihm abwenden konnten. Jeder Grashalm wurde zu einem Buch, das zu lesen ein heiliges Diktat darstellte. Jeder Baum wurde zu einem Aussichtsturm, der nach dessen Erklimmen den Blick auf unsagbare Wunder freigegeben hat. Das alles ist nun scheinbar verschwunden. Mehr...